[414] Kinematographie. Mit Hilfe der Kinematographie werden von einem bewegten Vorgange eine große Zahl aufeinanderfolgender photographischer Momentaufnahmen gemacht, so daß bei der mit großer Geschwindigkeit erfolgenden Projektion dieser Reihenbilder ein Bild in scheinbarer Bewegung wahrgenommen wird.
Die Ursachen des kinematographischen Bewegungsehens sind nach den Forschungen Linkes psychologischer Natur. Man sieht überhaupt Bewegung dann, wenn man von einem Gegenstände in verschiedenen Stellungen zwei Wahrnehmungen erhält, welche zeitlich und räumlich derart wenig differenziert sind, daß beide Wahrnehmungen auf denselben Gegenstand bezogen (identifiziert) werden können. Bei der Kinematographie handelt es ficht demnach um eine Identifikationstäuschung, indem die verschiedenen Bilder, von denen jedes einzelne nur eine Momentanstellung darstellt, für ein Bild mit veränderlichen Stellungen gehalten werden. Unterstützend, aber nicht notwendig ist hierbei die Verschmelzung der einzelnen Bildeindrücke, ein physiologisches Problem, welches von Marbe genau untersucht wurde. Da auf jede Bildprojektion eine Dunkelperiode folgt, tritt die Erscheinung des Flimmerns ein, erfolgt der Bildwechsel rasch genug, so tritt Verschmelzung der Eindrücke ein, das Flimmern hört auf (Verschmelzungsfrequenz). Da die Bildfrequenz gegeben ist und nicht willkürlich vergrößert werden kann, so trachtet man die Lichtfrequenz zu vergrößern durch Anwendung mehrteiliger Blenden. Die Serienaufnahmen befinden sich auf dem Film Fig. 1, d.i. eine Folie aus biegsamem durchsichtigem Materiale von 35 cm Breite und bis 120 m Länge, längere Stücke werden durch Zusammenkleben einzelner kürzerer erhalten. Für Theatervorführungen werden die Films meist in einer Länge von 600 m in Rollenform aufgewickelt verwendet. Das Filmbild selbst ist 20 mm hoch, 25 mm breit, der Rand von beiderseits 5 mm dient zur Aufnahme der Perforation, und zwar werden vier Löcher auf jeder Seite pro Bild angebracht.
Die Filmmaße sind durch internationales Uebereinkommen festgelegt, so daß jeder Film in jeden Aufnahme- und Projektionsapparat paßt. Als Filmmaterial kam bis vor kurzem nur das Zelluloid in Betracht, wegen der großen Feuergefährlichkeit desselben trachtete man nichtentzündliche Films herzustellen. Die besten Erfolge erzielte Bayer in Elberfeld mit dem Zellitfilm, welcher aus Azetylcellulose hergestellt wird und nahezu unentzündlich ist.
Bei der kinematographischen Projektion werden die Serienbilder mit großer Geschwindigkeit (1520 Bilder pro Sekunde) vorgeführt, und zwar derart, daß das einzelne Bild immer in Ruhe projiziert und während seiner Weiterbewegung dem Auge verdeckt wird. Der kinematographische Projektor hat daher als Hauptbestandteile den Transportmechanismus und die rotierende Blendenscheibe, welche den Bildtransport verdeckt.
Für den Filmtransport kommen gegenwärtig vor allem vier Mechanismen in Anwendung. Der verbreitetste ist das Malteserkreuz- oder Einzahnradgesperre (s. Fig. 2). Ein auf einer kontinuierlich gedrehten Scheibe befestigter Stift greift intermittierend in die Schlitze eines Zahnrades mit vier Zähnen, wegen seiner einem Malteserkreuz ähnlichen Form Malteserkreuz genannt, und dreht dieses bei jedem Eingriffe um 90°. Ist der Stift außer Eingriff, so ist das Malteserkreuz, da es sich mit seinem äußeren Rande an den Rand der Scheibe anlegt, festgehalten und an der Drehung verhindert. Das Malteserkreuz ist mit einer Stifttrommel fest verbunden, welche mit ihren Stiften in die Filmperforation eingreift. Bei jeder Einvierteldrehung des Malteserkreuzes bewegt sich der Film um ein Bild vor.
Ein andrer Mechanismus sind die Greifer. Bei diesen greifen zwei Häkchen in die Perforation ein und nehmen sie mit. Durch einen Kurbeltrieb werden diese Greiser hin und her bewegt. Bei der Rückbewegung, bei welcher der Film nicht mitgenommen werden darf, sind die Häkchen durch Sendern oder auch zwangläufig aus der Perforation zurückgezogen. Der Nachteil dieses Mechanismus ist der, daß bei nur einem ausgerissenen Perforationsloche der Filmtransport aufgehoben ist, er findet daher hauptsächlich bei Aufnahmeapparaten Verwendung, da bei diesen nur neue Films mit tadelloser[414] Perforation verwendet werden. Beim Schlägermechanismus ist der Film zwischen zwei Backen bremsend festgehalten und wird aus dieser Bremsvorrichtung durch einen exzentrisch bewegten Stab, den Schläger, vorgezogen. Durch ein vor dem Schläger angeordnetes kontinuierlich arbeitendes Triebwerk wird der Film, und zwar um eine Bildlänge pro Schlägerdrehung, weiterbewegt.
Beim Klemmzugapparat ist der Film auch zwischen zwei Backen bremsend festgehalten, während der Filmtransport durch zwei Rollen bewirkt wird, die sich nur auf einem Teile des Umganges berühren und den Film klemmend mitnehmen, dagegen ist der übrige Teil auf kleineren Durchmesser abgedreht, weshalb der Film in diesem Teile der Drehung frei durchhängt. Die Abblendung des Films während seiner Bewegung erfolgt fast immer durch rotierende Blendenscheiben. Für den Zweck der Verdeckung des Transportes würde ein Sektor genügen; da jedoch, wie schon auseinandergesetzt wurde, das Flimmern in diesem Falle zu stark würde, so ordnet man noch zwei oder drei weitere Sektoren an (Fig. 3), welche in die Zeit der Ruheperiode des Bildes, also der Projektion, hineinschlagen. Diese Vergrößerung der Lichtfrequenz ist allerdings mit einem Lichtverluste verbunden. Die eigentliche Führung des Films erfolgt in einer Gleitbahn der Türe (Fig. 4, e), in dieser ist die Projektionsöffnung, das Fenster, genau in Bildgröße mit abgerundeten Ecken. Am Projektor sind noch verschiedene Hilfsapparate angebracht. So der Vor- und Aufwickelmechanismus a, b, d. Der Zweck des ersteren ist der, den Film im gleichen Maße wie der eigentliche Transportmechanismus kontinuierlich von der Filmspule abzuwickeln. Zwischen Vorwickelmechanismus und Türe wird die Vorwickelschleife b gebildet, welcher vom Vorwickler immer ebensoviel Film zugeführt wird, als der Transportmechanismus entnimmt. Der Aufwickelmechanismus d, der den Film nach erfolgter Projektion wieder in Spulenform aufwickelt, wird meist durch Friktion getrieben, um zu starke Filmspannungen zu vermeiden. Die meisten Projektoren besitzen automatischen Feuerschutz, in Deutschland und Oesterreich ist dieser vorgeschrieben, welcher derart ausgeführt ist, daß bei Stillstand des Filmtransportes automatisch eine Metallklappe in den Gang der Lichtstrahlen geschaltet wird, welche eine gefährliche Erhitzung des Films durch die konzentrierten Strahlen der Lichtquelle verhindert. Meist wird die Klappe bei Bewegung des Films durch ein Zentrifugalpendel (Fig. 5) oder durch Reibung gehoben, und senkt sich infolge des Eigengewichts oder durch Federkraft bei Stillstand des Projektors. Der Antrieb des Projektors erfolgt selten von Hand, gewöhnlich durch kleine Elektromotoren. Da die kinematographische Projektion eine starke Vergrößerung bedingt (meist 200 fach linear, Bilder von 4 × 5 m Größe), so sind sehr kräftige Projektionslichtquellen erforderlich. Beim Fehlen elektrischer Energie kommt Drummondsches Kalklicht, das meist mit in Stahlflaschen hoch komprimiertem Sauerstoff und Wasserstoff betrieben wird, sonst aber nur die elektrische Bogenlampe in Frage, letztere in Stromstärken bis zu 100 Ampère. Um die große Hitzeentwicklung, welche leicht zu Filmbrand u.s.w. führen könnte, zu paralysieren, werden planparallele Glaskuvetten, welche mit verdünnter Eisensulfatlösung gefüllt sind, zwischen Lampe und Kondensor geschaltet, auch die Einschaltung sehr feinmaschiger Drahtnetze wirkt infolge Hinausbeugung der langen Wärmestrahlen günstig. In Theatern muß der Projektor in einer eigenen, vom Zuschauerraume getrennten feuersicheren Kabine untergebracht sein, um bei Filmbränden eine Gefährdung des Publikums zu verhindern. Fig. 6 zeigt einen modernen Kinoprojektor samt Projektionslaterne, beide sind getrennt voneinander gebaut und auf einem kräftigen Eisengestell montiert. Die kinematographische Aufnahme erfolgt mittels eigener Aufnahmeapparate, welche eine photographische Kamera mit eingebautem Filmtransportmechanismus darstellen. Als Transportmechanismus kommt hier nur der Greifer in Anwendung. Die Objektive müssen sehr lichtstark sein, da ja ein Teil des Lichtes durch die rotierende Blende verloren geht, und auch Aufnahmen bei künstlichem Lichte gewöhnlich sind. Von großer Wichtigkeit ist der Sucher. Entweder ist Mattscheibeneinstellung mit Fernrohr zur Vergrößerung vorgesehen, so daß die größte Schärfe erzielt wird, oder es ist der Sucher getrennt angeordnet, wodurch nur das Bildfeld gegeben ist. Theaterapparate werden auf großen fahrbaren Stativen montiert. Für Aufnahmen im Freien[415] kommt ein Dreifußstativ mit dreh- und neigbarem Stativkopfe zur Anwendung. Ein Aufnahmeapparat nimmt 60120 m Film auf, was für 3,5 bezw. 7 Minuten genügt. Theaterapparate besitzen meist spezielle Einrichtungen für Trickaufnahmen, so Vorrichtung zum automatischen langsamen Schließen und Oeffnen der Irisblende, Vorrichtung zum Zurücklaufen des Films u.s.w. Die belichteten Films werden auf Rahmen oder Trommeln entwickelt, fixiert und getrocknet, sodann entweder in Aufnahmeapparaten oder eigenen Kopierapparaten so oft kopiert, als Films erforderlich sind. Die Positivfilms bleiben unverändert oder werden getont, was entweder durch chemische Vorgänge oder Färbung mit gewissen Anilinfarben geschieht. Da bei letzterem Vorgange die ganze Gelatineschicht, bei ersterem Verfahren nur das metallische Silber gefärbt wird, kann man durch Kombination beider Verfahren z.B. zwei Farbtöne auf den Film bringen und schöne Effekte erzielen. Die einzelnen Positivfilms, die zu einem Ganzen gehören, werden nun zusammengeklebt, was meist mittels Amylazetat in kleinen Klebeapparaten geschieht, und dann in Rollenform versendet.
Während die beschriebenen Apparate den gewöhnlichen Vorführungszwecken vollkommen entsprechen, handelt es sich für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung meist um die Analyse viel rascherer Bewegungsvorgänge und darum viel höhere Bildfrequenzen, als durch die normalen Apparate geleistet werden können. Infolge der ruckweisen Filmbewegung ist bereits bei 30 Bildern pro Sekunde der Film an der Grenze seiner Festigkeit. Für diese höheren Frequenzen dienen daher durchaus Apparate mit kontinuierlich bewegtem Film, bei welchen natürlich das Bild auf dem Film optisch stationär gemacht werden muß. Diese Films sind auch flimmerfrei, da keine Verdunkelung stattfindet. Für diesen optischen Ausgleich finden folgende Konstruktionen Anwendung:
1. Rotierende Spiegeltrommeln. Hierher gehört der Apparat von Musger, dessen Schema aus Fig. 7 ersichtlich ist; 1 ist eine vielkantige Spiegeltrommel, 2 ist das kontinuierlich bewegte Filmband, das Filmbild wird durch die Lichtquelle 3 und das optische System 4 auf die Spiegeltrommel geworfen. Bei ruhender Trommel würde das unter 90° reflektierte Bild auf dem Projektionsschirme nach aufwärts wandern, durch die Drehung der Trommel wird aber diese Bildbewegung ausgeglichen. J. Schneider ordnete zwei innen verspiegelte Polygonalkränze an, die das Bild wechselseitig reflektieren.[416]
2. Rotierend bewegte Linsen. Solche Lösungen stammen von Jenkins, Holst, Bréard und Maskelyne. Jenkins verwendet einen Satz von zwölf auf einer Scheibe beteiligten, synchron mit dem Film rotierenden Objektiven. Maskelyne (Fig. 8) verwendet einen polygonalen Linsenkranz. Außer dem eigentlichen Objektive sind in dessen optischer Achse zwei plankonvexe Linsen angebracht. Diese befinden sich innerhalb des rotierenden Linsenkranzes L L, welcher aus lückenlos einander folgenden plankonkaven Linsen besteht. Stehen zwei Konkavlinsen gerade in der optischen Achse, so geben sie zusammen mit den zwei Konvexlinsen die Wirkung einer planparallelen Glasplatte, bei Drehung der Trommel wirken sie ablenkend wie ein Prisma mit variablem Winkel. Ein derartiger Apparat wurde zur Photographie fliegender Geschosse in England gebaut. Auf ähnlichem Prinzipe beruht auch das Diocineskop von Clermont-Huet.
3. Rotierende Glasplatten und Prismen. Mit Hilfe einer rotierenden planparallelen Glasplatte, welche den Lichtstrahl ablenkt, führt J. Kraus den Ausgleich herbei, während J. Bianchi und Th. S. Harbach Glaswürfel verwenden. Apparate mit rotierenden Prismen (Fig. 9) sind der Firma Zeiß geschützt.
Bei einer zweiten Gruppe derartiger Apparate begnügt man sich mit einem teilweisen Ausgleich nur während eines Teiles der Bewegung, wozu eine schwingende Bewegung des Ausgleichelementes genügt. Solche Lösungen sind schwingende Spiegel oder Prismen; Lumière verwendet geradlinig hin und her bewegte Spiegel, auch Prismen mit veränderlich brechendem Winkel wurden verwendet.
Mit den genannten Systemen lassen sich Frequenzen bis 250 pro Sekunde erzielen. Bei vielen Problemen sind aber bedeutend höhere Frequenzen erforderlich, so z.B. bei der Analyse des Insektenfluges, oder bei der Photographie ballistischer Vorgänge. Bei diesen hohen Frequenzen verlegt man diese in die Lichtquelle selbst, als welche meist der Lichtfunke einer Hochfrequenzfunkenstrecke dient. Beim Instrumentarium von Bull (Fig. 10) zum Studium des Insektenfluges ist der Film um eine in einem lichtdichten Karten (B) befindliche Trommel R gewickelt, auf deren Achse auch ein aus einer großen Zahl von Segmenten bestehender rotierender Unterbrecher I befestigt ist. Der durch die Rotation in einem Batteriestromkreis entstehende pulsierende Gleichstrom wird in einem Transformator A in Wechselstrom verwandelt und speist auf der Sekundärseite, unterstützt durch einen Resonanzkondensator L, eine Funkenstrecke E, deren Licht durch ein optisches System c, C, auf den Flugraum des Insektes konzentriert wird. Da die Dauer des Funkens mit 1/20 · 106 Sekunden sehr kurz im Verhältnis zur Filmbewegung ist, so erhält man vollkommen scharfe Bilder, und zwar eins pro Unterbrechersegment. Der Verschluß V des Aufnahmeobjektives O besteht aus einem nach Art der Spiegelreflexkamera unter 45° bei D eingebauten Spiegel M, der, wenn das Bild des Insektes auf demselben erscheint, gehoben wird und dadurch die Belichtung einleitet. Der Verschluß wird automatisch nach einer Umdrehung der Trommel geschlossen, um Doppelbilder zu vermeiden. Mit diesen Apparaten werden Frequenzen bis 2000 Sekunden erzielt. Für die noch höheren Frequenzen, wie sie die Aufnahme fliegender Geschosse, von Schußwirkungen u.s.w. erfordert, verwendete Cranz in Berlin den ballistischen Kinematograph, welcher ebenfalls auf Funkenaufnahmen basiert. Die Funkenstrecke wird hierbei von einer Hochfrequenzmaschine W mit Transformator J1 und Kondensator C1 betrieben. Durch Hohlspiegel S1 und optisches System L1 wird das Licht der Funkenstrecke F1 auf einem 8 m langen, über zwei Rollen T laufenden Film B gesammelt, so daß von einem Durchschießungsvorgang oder dergl. durch jeden Funken ein Bild auf dem Film erzeugt wird. Der Film wird mit einer Geschwindigkeit von 90 m/Sek. kontinuierlich bewegt. Um das Abfeuern des Geschosses und die Einschaltung der Funkenstrecke rechtzeitig zu bewirken, ist ein eigener Pendelunterbrecher P vorgesehen, der elektromagnetisch bei E1 ausgelöst wird und im Abwärtsschwingen durch[417] das Schalten von Kontakten 1, 2, 3, 4, 5 zuerst das Geschoß abfeuert (1), dann die erste Funkenstrecke einschaltet (2), dann wieder abschaltet (3). Handelt es sich um die Aufnahme von Bahnkonstanten des Geschosses, so ist (Fig. 12) in einiger Entfernung eine ganz gleiche zweite Einrichtung mit J2, C2, S2, F2, L2 vorgesehen, und wird diese durch denselben Pendelunterbrecher betätigt (3, 4). Man ist durch diese Methode in der Lage, die Bahngeschwindigkeit des Geschosses vollkommen genau festzustellen, da, konstante Filmgeschwindigkeit vorausgesetzt, die Verbindung der einzelnen Geschoßbilder direkt die Zeitwegkurve darstellt. Auch für die Beobachtung von Schußwirkungen, der Funktion automatischer Feuerwaffen u.s.w. fand dieses Instrumentarium vielfach Verwendung. Fig. 11 zeigt eine derartige Aufnahme, das Durchschießen eines Knochens darstellend. Die Funkenaufnahmen lind durchaus detaillose Schattenbilder. Um eine bessere Auswertung zu ermöglichen, wurden die Aufnahmen von Bull auch stereoskopisch ausgeführt. Neuerdings haben Cranz, Günther und Külp auch gewöhnliche kinematographische Bilder, also in gewöhnlicher Vorderbeleuchtung, durch elektrische Funken mit der Frequenz 5000 pro Sekunde erzielt.
Von großer Bedeutung für die wissenschaftliche Forschung, auch in didaktischer Hinsicht, hat sich die mikrokinematographische Aufnahme erwiesen. Ein sehr geeignetes Instrumentarium für diesen Zweck ist das der Firma Ernemann. Es wird ein normaler kinematographischer Aufnahmeapparat mit Hilfe eines kleinen Balgens direkt mit einem Mikroskope verbunden. Als Sucher dient eine vor dem Film unter 45° geneigte Spiegelglasscheibe, welche die Beobachtung des auf dem Film entstehenden Bildes auch während der Aufnahme gestattet, so daß wirklich nur wissenschaftlich wertvolle Phasen aufgenommen werden und keine Filmverschwendung eintritt.
Auch die Frage der Röntgenkinematographie wurde mit Erfolg gelöst. Während die Bestrebungen von D. Biesalski und Kohler, das auf einem Calcium-Wolframatschirme erscheinende Durchleuchtungsbild kinematographisch festzuhalten, wegen der geringen Lichtstärke des Bildes wenig Verbreitung fand, ergaben direkte Plattenaufnahmen, in rascher Folge ausgeführt, günstige Resultate. Bei dem Apparate Dessauers werden die Platten rasch hintereinander vor die Belichtungsöffnung geführt, einen Moment festgehalten, und fallen dann in einen Sammelkasten. Natürlich erfordern diese Aufnahmen besonders intensive Röntgenapparate.
Kinematographie in Farben. Die Bestrebungen, kinematographische Aufnahmen in natürlichen Farben herzustellen, haben bereits verschiedene Lösungen gefunden. Die ursprünglichste war die polychrome Kolorierung der Films, im Anfang rein manuell, jetzt stark vereinfacht, indem in soviel Positivfilmbändern, als Farben aufgetragen werden sollen, die betreffenden Farbpartien mittels Pantographen und außerordentlich seinen Fraisen ausgeschnitten werden. Die Austragung der Farben erfolgt dann mit Hilfe dieser Schablonen durch Bürsten und Walzen in eigenen Maschinen.
Vollkommene Naturtreue läßt sich jedoch nur nach dem Prinzipe der Dreifarbenphotographie erreichen. Es werden durch drei Farbenfilter, gelb, rot und grün und blauviolett, die Aufnahmen hergestellt, und die drei Positivfilms hinter den entsprechenden Farbfiltern übereinander in Deckung projiziert, wobei durch Synthese die Naturfarben erscheinen. Nach dieser Methode erzielte Gaumont günstige Resultate. Es werden gleichzeitig mit Hilfe eines dreiteiligen Objektives drei kongruente Aufnahmen hinter den entsprechenden Filtern übereinander aufgenommen, jedes Bild in der normalen Größe der Filmbilder (20 × 25). Bei der Projektion werden dann durch ein gleiches Objektiv die Bilder auf den Schirm zur Deckung gebracht. Um nun zu vermeiden, daß immer um drei Bilder weitergeschaltet werden muß, sind in der rotierenden Filterscheibe drei Serien von Farbfiltern, und zwar alternierend Rot, Blau, Grün; Grün, Rot, Blau; Blau, Grün, Rot. Die erste Bildstellung sei rot, blau, grün. Der Film rückt nun um ein Bild weiter. Rot ist an zweiter, blau an dritter Stelle, grün ist neu nachgerückt; dieser Stellung entspricht auch das zweite Filtersegment. Natürlich darf die Filterscheibe nur ein Drittel der Tourenzahl der Blendenscheibe machen.
Einfacher als die Dreifarbenkinematographie sind die Zweifarbenverfahren. Das bekannteste ist das Kinemakolor von Urban-Smith. Hier wird nur ein Rot- und Grünbild nacheinander aufgenommen und projiziert, während das fehlende Blau durch ein intermittierend eingeschaltetes Blaufilter, das häufig in die Blendenscheibe verlegt wird, in das Bild gebracht wird.
Geringere Erfolge als die Farbenkinematographie hat die stereoskopische Kinematographie zu verzeichnen. Es können hier im allgemeinen dieselben Verfahren Anwendung finden wie bei der stereoskopischen Projektion überhaupt, wobei die Teilbilder sowohl gleichzeitig als auch hintereinander aufgenommen und projiziert werden können.
Große Anstrengungen, die bisher zu keinem sehr befriedigenden Resultate geführt haben, wurden der gleichzeitigen Wiedergabe von Ton und Kinematographie zugewendet (Tonbild, Biophon). Die Schwierigkeit liegt darin, daß der Kinematograph dem Phonographen nachgeben muß, da letzterer auf Tourenzahländerungen mit Aenderungen der Tonhöhe reagiert, weiter die Synchronaufnahme und demnach eine Wiedergabe bis jetzt nicht erzielt werden konnte. Die heften Erfolge erzielte Edison mit dem Kinetophon.[418]
Die Films lassen sich im allgemeinen einteilen in wissenschaftliche, belehrende, in unterhaltende (Trickfilms) und in dramatische. Die überwiegende Masse der Films dient dem rasch aufgeblühten Kinotheaterwesen. Zur Herstellung der verschiedenen Films wurden von den großen Filmfabriken eigene Theaterhallen errichtet. Das größte Interesse müssen jene Darstellungen erwecken, welche Vorgänge zeigen, welche im wirklichen Leben unmöglich sind, die sogenannten Trickfilms. Häufig wird die Aufnahme sehr langsam gemacht und sehr rasch wiedergegeben, wodurch alle Bewegungen übertrieben hastig erscheinen. Durch Rückwärtslaufen des Films können Vorgänge in verkehrter Reihenfolge vorgeführt werden. Durch Kombination dieser Methoden kann man auch wissenschaftlich sehr wertvolle Resultate erzielen (synthetische Kinematographie), man kann z.B. eine Pflanze wachsen sehen. Eine derartige Aufnahme dauert oft Monate, jede Stunde wird eine Aufnahme gemacht, die Vorführung dauert wenige Minuten, wodurch das Auge erst in der Lage ist, den Vorgang als bewegt wahrzunehmen.
Der Umfang der kinematographischen Industrie ist ein gewaltiger. Deutschland hatte im Jahre 1912 ca. 2000, England 2500, die neun größten Städte der Vereinigten Staaten etwa 1900 Kinotheater. Die Zahl aller vorhandenen kinematographischen Theater dürfte an 30000 betragen. Die größte Filmfirma ist derzeit Pathé frères, Paris, welche täglich etwa 100 km Film erzeugt.
Die Films werden nicht verkauft, sondern durch Agenturen an die Kinotheater verstehen.
Literatur: [1] H. Lehmann, Die Kinematographie, ihre Grundlagen und ihre Anwendungen. Leipzig 1911. [2] F. Paul Liesegang, Handbuch der praktischen Kinematographie. 3. Aufl. Düsseldorf 1912. [3] Karl Marbe, Theorie der kinematographischen Projektionen. Leipzig 1910. [4] P. v. Schrott, Leitfaden für Kinooperateure und Kinobesitzer. Wien 1913. [5] C. Forch, Der Kinematograph und das sich bewegende Bild. Wien u. Leipzig 1913. [6] Eders Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik. Halle a. S.
v. Schrott.
Lueger-1904: Kinematographie [2]
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